Veranstaltung: | Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Antrag A1 AG Wirtschaft Thema „Nachhaltige Großveranstaltungen“ |
Antragsteller*in: | Tobias R. Möller |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.11.2017, 21:58 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A1neu2: Nachhaltige Großveranstaltungen - Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Bewertung, Förderung, Akquise und Durchführung von Großveranstaltungen in der Stadt Leipzig
Antragstext
Wir, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, setzen uns für einen zeitgemäßen und
verantwortungsvollen Umgang mit kommunalen und globalen Ressourcen in ihrer
wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Dimension ein. Dies fordern wir auch
bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben, so wie dies von höchster
politischer Ebene in der Agenda 2030[1] vorgeben ist.
Dementsprechend fordern wir die Stadt Leipzig auf, analog zur Selbstbindung und
Vorbildrolle der Bundesregierung, Nachhaltigkeit konkret in eigenen Bereichen
der Leipziger Verwaltungspraxis umzusetzen[2]. Daraus folgt, dass nicht nur
ökonomische sondern auch soziale und ökologische Aspekte bei der Verwendung bzw.
Vergabe von städtischen Haushaltsmitteln in den Mittelpunkt zu stellen sind.
Dieser Antrag stellt die Forderung, Nachhaltigkeitskriterien bei der Bewertung,
Förderung, Akquise und Durchführung von Großveranstaltungen stärker zu beachten,
als dies in der entsprechenden, am 08.02.2017 von der Ratsversammlung
beschlossenen Vorlage[3] geschehen ist. Zwar werden auf der strategischen Ebene
des Beschlussvorschlags der Stadt Leipzig soziale und ökologische Faktoren
ansatzweise aufgenommen, indem Großveranstaltungen die Ziele des Integrierten
Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) befördern sollen, jedoch bleibt eine genaue
Berücksichtigung der sozialen und ökologischen Dimension auf operationaler
Ebenen weitestgehend aus.
Der Fokus auf die wirtschaftliche Dimension ist dabei unbedingt um die soziale
und ökologische Dimension zu ergänzen. Denn Großveranstaltungen liefern
außerordentliche Potenziale, zum Schutz der Umwelt beizutragen, die lokale
Wertschöpfung auch im produzierenden Gewerbe zu fördern, die Lebensqualität
durch soziale Aktionspläne während den Veranstaltungen zu steigern, die
Attraktivität der Anbieterstrukturen für Veranstaltungen zu erhöhen und die
Öffentlichkeit für nachhaltige Entwicklung zu sensibilisieren.
Das Ziel dieses Antrags ist es, fehlende rechtlich-politische Rahmenbedingungen
zur Reduzierung negativer externer Effekte[4] durch angemessene
Selbstverpflichtung der Stadt Leipzig zu ersetzen. Der betreffende Beschluss
(VI-DS-093446) soll wie folgt überarbeitet und ergänzt werden[5]:
1. Analyse des positiven Einflusses von nachhaltigen Großveranstaltungen
Der positive Einfluss bzw. die Wertschöpfungspotenziale von
nachhaltigkeitsorientiert ausgerichteten Großveranstaltungen sollen auf die
Erreichung der im INSEK formulierten strategischen Ziele der Kommunalpolitik
geprüft werden. Dabei soll die Stadt Leipzig auch auf die inhaltlichen
Handlungsschwerpunkte[6] des INSEK eingehen. Darüber hinaus soll die Stadt
Leipzig prüfen, wie Großveranstaltungen auch im Bereich Bildung für nachhaltige
Entwicklung (BNE)[7] eingesetzt werden können.
2. Ergänzung der im Mittelpunkt stehenden Fragen
Die Stadt Leipzig soll neben den vorhandenen im Mittelpunkt stehenden Fragen
auch folgende Fragen ins Zentrum der Akquise und Durchführung von
Großveranstaltungen rücken: Wie können Großveranstaltungen „nicht nur effizient
und effektiv (...), sondern auch klimafreundlich, sozial verträglich und im
Sinne einer nachhaltigen Entwicklung“[8] gestaltet werden? Dabei sollen in
Anlehnung an die 1. Forderung dieses Antrags die wechselseitigen Abhängigkeiten
der im Mittelpunkt stehenden Fragen beachtet werden.
3. Beachtung und Messung von Nachhaltigkeitskriterien
Von der Stadt Leipzig sollen Handlungsfelder des nachhaltigen
Veranstaltungsmanagements bei den zentralen Kriterien der Bewertung, Akquise,
Förderung und Durchführung aller Kategorien von Großveranstaltungen beachtet
werden. Dazu fordern wir die Stadt Leipzig auf, die aktuellen Kriterien anhand
des „Leitfaden für die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen“ des
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und
Umweltbundesamtes (UBA)[9] insbesondere im Hinblick auf folgende Punkte zu
überarbeiten.
„Strategische Ziele der Kommunalpolitik / Außenwahrnehmung“: Anschließend an die
Identifikation positiver Einflüsse (siehe 1. Forderung) soll die Stadt Leipzig
die Potenziale nachhaltiger Großveranstaltungen sowohl zur wirtschaftlichen als
auch zur sozial und ökologisch verantwortungsvollen Entwicklung der Stadt und
der mitteldeutschen Region nutzen. Hierfür soll die Stadt Leipzig zusätzlich mit
umweltfreundlichen Großveranstaltungen werben.
„Infrastrukturelle Ressourcen“: Sozial und ökologisch verantwortungsvoll (also
nachhaltig) handelnde Stellen[10], die Großveranstaltungen in der Stadt Leipzig
akquirieren und betreuen, sind zu bevorzugen. Dafür sind entsprechende
Auswahlkriterien festzulegen. Darüber hinaus soll die Stadt Leipzig Anreize
schaffen, damit handelnde Stellen sich mittelfristig nachhaltigkeitsorientiert
am Markt positionieren.
„Ziele (...), Potenziale und Risiken der Veranstaltung“: In der Ausgestaltung
bzw. bei der Analyse von Großveranstaltungen soll die Stadt Leipzig Strategien
und Maßnahmen (bzw. Stellungnahmen) zur Übernahme der sozialen und ökologischen
Verantwortung innerhalb des detaillierten Veranstaltungskonzepts einarbeiten
bzw. einfordern. Dazu ist der „Leitfaden für die nachhaltige Organisation von
Veranstaltungen“ des BMUB & UBA (2015) zu beachten.
„Wertschöpfungspotenziale der Veranstaltung“: Neben dem Steueraufkommen, der
wirtschaftlichen Wertschöpfung sowie der Umwegrentabilität[11] soll die Stadt
Leipzig auch die Summe der Umwelteinwirkungen (Schadschöpfung) von
Großveranstaltungen beachten. Es wird gefordert, dass die Stadt Leipzig
Prognosen, Messungen und Berichterstattungen über ökologische und soziale
Auswirkungen von Großveranstaltungen durchführt bzw. einfordert.
4. Zertifizierung und Ausweitung der Kapazitäten
Neben der Schaffung von Anreizen wird von der Stadt Leipzig gefordert, dass die
genutzten kommunalen Räumlichkeiten und die handelnden städtischen
Gesellschaften mit entsprechenden Umweltzertifikaten nach dem Vorbild der
Leipziger Messe GmbH ausgezeichnet werden, sofern sie die entsprechenden
Voraussetzungen erfüllen. Falls die Voraussetzungen nicht vorliegen, soll darauf
hingearbeitet werden, dass diese in absehbarer Zeit vorhanden sind. Die Stadt
Leipzig soll dafür die betroffenen Stellen (auch in der Stadtverwaltung)
stärken, um den zusätzlichen Aufwand bewältigen zu können. In Bezug auf die
Leipziger Messe GmbH, Fairnet GmbH und fairgourmet GmbH wird von der Stadt
Leipzig gefordert, eine Ausrichtung und Auszeichnung nach ISO 20121
(„Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement“)[12] entsprechend ihrer Möglichkeiten
einzufordern.
Begründung
Wir, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Leipzig, setzen uns für einen zeitgemäßen und verantwortungsvollen Umgang mit kommunalen und globalen Ressourcen durch angemessene Selbstverpflichtung der Akteure ein, die im Raum der Stadt Leipzig agieren. Denn die Umsetzung einer nachhaltigen, d.h. sowohl wirtschaftlichen als auch sozial und ökologisch verantwortungsvollen Entwicklung findet nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern sondern vor allem auch Industrieländern bzw. den Ländern des Nordens statt.
In Städten werden 70 % aller Ressourcen verbraucht und mehr als 75 % aller C02-Emissionen erzeugt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass 80 % der Wertschöpfung (und Schadschöpfung) hier stattfindet. Somit „stellen Städte einen wichtigen Hebel für sozial gerechtes und nachhaltiges Wachstum auf der Grundlage ökologischen Wirtschaftens dar“[13]. Auch die Bundesregierung und kommunale Spitzenverbände sind der Überzeugung, dass Kommunen die wesentlichen Akteure und treibende Kraft zur Erreichung der Agenda 2030 sind[14]. Großveranstaltungen liefern durch vielzählige Gestaltungsmöglichkeiten hervorragende Ansatzpunkte zur öffentlichkeitswirksamen Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung.
Q u e l l e n:
J. Martens/W. Obenland (Hrsg.), Die 2030-Agenda, 2016, S. 97
Die Bundesregierung, Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, 2016, S. 41f.
Stadt Leipzig, Beschlussvorlage Nr. VI-DS-093446, https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1005843, 04.06.2017
„Bei negativen externen Effekten wird derjenige, der Kosten hervorruft, nicht mit diesen Kosten belastet. Jemand anderes muss dafür aufkommen.“ (Bundeszentrale für politische Bildung, Externe Effekte, 2007, http://www.bpb.de/lernen/grafstat/134846/info-05-04-einschraenkung-des-marktes-externe-effekte
Die folgende Gliederung des Antrages erfolgt in Anlehnung an der Gliederung des betreffenden Be-schluss (VI-DS-093446)
Stadt Leipzig, Beschluss der 57. Ratsversammlung Nr. RBIV-1595/09 vom 20.05.2009, http://www.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.6_Dez6_Stadtentwicklung_Bau/61_Stadtplanungsamt/Stadtentwicklu-ng/Stadtentwicklungskonzept/SEKo_Pdfs/SEKo_Integriertes_Stadtentwicklungsk-onzept_Langfassung_Stand_Mai_2015_reduziert.pdf, 04.06.2017
GIZ, GIZ-Navigator für Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement, http://star-www.giz.de/fetch/88Xa00x26g0002Q391/giz2016-0186de-giz-navigator-nachhaltiges-veranstaltungsmanagement.pdf, 04.06.2017
BMUB/UBA, Leitfaden für die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen, 2015
Als „handelnde Stellen“ werden Hotellerie, Gastronomie und Caterer, Veranstaltungsstätten sowieTechnik- und Servicedienstleister gesehen.
Umwegrentabilität sind u.a. indirekte Vorteile einer Großveranstaltung, welche die Durchführung insge-samt rentabel machen. Dazu gehören bspw. Mediawerte, Mehrfachbesucher-Effekte, Ausbau der Infra-struktur und Erweiterung der Kompetenzen von Handelnden.
Beuth, ISO 20121:2012-06, http://www.beuth.de/en/standard/iso-20121/154800450, 04.06.2017
BMZ, Perspektiven der Urbanisierung – Städte nachhaltig gestalten, http://www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/infobroschueren_flyer/-infobroschueren/Materialie237_Informationsbroschuere_03_2014.pdf, 05.06.2017
Die Bundesregierung, Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, 2016, S. 46